2.31 Buchfink mit Weibchen
"Manöver" der Finken
(Pfingsttraditionen)
Wenn man vor 40 Jahren noch zu Pfingsten das Schwarzatal hinaufwanderte ins
Schwarzburger Waldland, so hingen vor dem Häuschen bis zu einem Dutzend Singvogelkäfige.
"Vor jedem Häuschen ein Vogelkäfig, in jedem Haus ein schönes Kind . . ."
so sang man damals. Ein Ruhlaer Drechsler soll für einen begehrten Finken sogar
seine Drechselbank hingegeben haben.
Von diesen alten Traditionen sind im benachbarten Harz alljährlich zu Pfingsten die
"Finkenmanöver" in Thale und Benneckenstein geblieben: Durch andauerndes
"Schlagen" versucht ein Fink, seinen Nebenbuhler "mundtot" zu machen.
Bevor die Vögel zu diesem pfingstlichen Wettbewerb gebracht werden können, muss
natürlich sehr viel Mühe aufgewendet werden.
Während der Hauptbalz, in der Zeit vom 25. April bis 31. Mai, dürfen die Finkenfreunde
je zwei Vögel fangen. Dazu wird ihnen ein Fangschein ausgestellt. Weil der Fink ein
Kampfvogel ist, duldet er keinen zweiten in seinem Revier. Dieser Umstand wird beim Fang
ausgenutzt: Auf einem Schlagnetz wird ein ausgestopfter Fink befestigt. In einem
verdeckten Bauer "schlägt" indessen ein Lockvogel. Der freie Fink stürzt sich
nun in der Annahme, dass er es mit einem Nebenbuhler zu tun hat - auf den ausgestopften
Finken. In diesem Moment wird das Netz geschlagen. Bei manchen Vögeln dauert es aber
mitunter Stunden oder auch Tage, bis der Fang glückt. Es werden immer nur Altvögel, die
bereits ihren "Schlag" oder mehrere "Schläge" besitzen, gefangen.
Vögel, die danach kein Futter und Wasser annehmen werden freigelassen. Oft kommen Vögel
erst nach drei Jahren Gefangenschaft mit ihrem "Schlag" ganz zur Geltung.
Finken "schlagen" sehr vielseitig. Weit über 100 verschiedene
"Schläge" sind bekannt, und jeder hat seinen alten, absonderlichen Namen. Da
gibt es den "schönen Bräutigam", den "Putzebart", die
"Schaulweste", den "Plattenarm", den "Fuhrmann", die
"Katze" und die diversen "Reiter", den hellen, groben
"Rollreiter" usw. In Blankenburg, Thale, Benneckenstein, Tanne und Halberstadt
bestehen Arbeitsgemeinschaften der Finkenfreunde. Diese ziehen an arbeitsfreien Tagen mit
ihren Käfigen mit zwei bis drei Finken zum "Training". In fünf Meter Abstand
voneinander werden die Käfige aufgestellt und dann immer weiter zusammengerückt. Hört
ein Vogel mit dem Singen auf, so wird er sofort ausgesondert.
In der Morgenfrühe des ersten Pfingsttages findet dann in Thale ein
"Kreissingen" statt. Es dauert 30 Minuten, wobei alle fünf Minuten der Kreis
verkleinert wird und die verstummten Vögel herausgestellt werden. In den letzten Minuten
stehen dann - Bauer an Bauer - die am stärksten, "schlagenden" Vögel
beisammen. Die Leistungen der Finken werden vom Festausschuss notiert; die Länge der
"Schlagzeiten" wird mit der Stoppuhr gemessen. Die drei besten Finken erhalten
den Preis und eine Urkunde. Der Sieger ist "Finkenkönig" - sein Käfig wird mit
einem Siegeslorbeer umwunden.
Der zweite Pfingsttag ist dann in Benneckenstein einem "Distanzsingen"
vorbehalten. Dazu werden in zwei Reihen Finken in 1,60 Meter Höhe und einem Abstand von
Bauermitte zu Bauermitte von 85 Zentimetern aufgestellt. Die Zuhörer können dabei bis
auf eineinhalb Meter herankommen und den Wettkampf ebenfalls 30 Minuten genau verfolgen.
Auch hier schließt sich die Siegerehrung an. Nach dem Sängerwettstreit gehen alt und
jung zum anschließenden fröhlichen Volksfest.
G. Haumann (Zeitungsartikel) |

Hörprobe:Buchfink(.mp3) mit
Weibchen |